Wandernacht 2020

Endlich war es wieder mal soweit und die Nacht der Wanderer stand vor der Türe. Auf Grund der speziellen Lage Corona- Krise, wurde die offizielle, Schweizerische Wandernacht abgesagt. Doch dies störte mich überhaupt nicht, da ich immer sowieso alleine unterwegs bin. Dieses Jahr hatte ich mir mal eine grössere Wanderroute ausgesucht und mit mehr Herausforderung, als im 2019. Die Route die ich gewählt hatte, war neben vielen km sowie viel körperliche Anstrengung, sehr anspruchsvoll. Das Endziel sollte das bekannte Morgenberghorn 2228 m.ü.M sein.

Das Wetter an diesem Tag war schön mit vielen Quellwolken rund um die Berggipfel, beim Beobachten. Leider konnte ich den Gipfel des Morgenberghorns von zuhause aus noch nicht sehen, als es langsam Abend wurde. Gestärkt von einem feinen Birchermüesli, brach ich auf zum Startpunkt der Wandernacht. Der Startschuss dieser langen Route soll genau um 19:30 Uhr bei der Stadtkirche Thun auf dem Schlossberg sein.

Endlich war es Zeit zum loswandern, begleitet von kräftiger Abendsonne, die wunderschön ganz Thun beleuchtete. Echt ein gigantisches Spektakel, auf dem Panoramaweg Thunersee entlang marschierend und die letzten Strahlen des Tages geniessend. Die erste Etappe führte mich hinauf zum Strättlighügel mit Weitblick auf die Region Thun. Pünktlich war ich am richtigen Ort, als die Sonne unterging und der Hügel im wunderschönen Sonnenuntergangslicht glühte. Das Abendrot präsentierte sich perfekt und sehr stark, als ich Richtung Einigen vorbeikam. Allmählich wurde die Umgebung dunkler beim durchwandern der Wälder. Ab ca. Spiez Riedern war es soweit und die Stirnlampe kam zum Einsatz. Unglaublich wie sich plötzlich die Quellwolken verändert hatten beim Beobachten der Gipfelspitzen: keine einzige Wolke mehr ums Morgenberghorn. Zugleich war auch noch Vollmond, der mit all seiner Kraft mir entgegen leuchtete. Wenig später erreichte ich vom Mondlicht begleitet, die vielen Lichter des Spiezer Dorfes mit dem wunderschönen Schloss und dem Rebberg dazwischen. Natürlich durfte eine Pause unten an der schönsten Bucht Europas (Spiezerbucht) nicht fehlen! Pünktlich um 23:00 Uhr marschierte ich weiter in die nächste Etappe Aeschiried. Noch führte die Route entlang durch Quartiere des Hondrich Gebietes, bis allmählich immer wie weniger Häuser zu sichten waren. Die Stimmung unterwegs nach Aeschi Dorf, zeigte sich einfach wunderschön mit dem Mond zusammen. Gegen ca. 00:20 Uhr kam ich in Aeschi Post an. Zuerst musste ich die schönen Holzchalets bestaunen, bevor ich mich mit herrlichem Brunnenwasser erfrischte. Zu dieser Zeit sehen die Holzhäuser ganz speziell aus im nächtlichen, klaren Sternenhimmel.

Die nächste Kurzetappe nach Aeschiried war noch die letzte, relativ gemütliche Route, bevor dann der harte Aufstieg aufs Morgenberghorn begann.
Total still und verlassen war alles als ich um 01:15 Uhr in Aeschiried ankam. Wie sehr genoss ich diese spezielle Atmosphäre mitten in der Nacht, ganz alleine an der Posthaltestelle. Bevor es los gehen konnte mit dem steilen Aufstieg, ass ich noch eine kleine Stärkung. Ab jetzt erwarteten mich insgesamt ca. 1200 Höhenmetern bis zum Gipfelziel. Müde war ich dabei überhaupt nicht, im Gegenteil: richtig fit und total im Wandereifer. Kein Wunder, denn der nächtliche Ausblick auf den gesamten Thunersee mit den tausenden von Lichtern, war einfach total atemberaubend schön!

Die Route mal in der Nacht zu wandern, war natürlich schon etwas anspruchsvoller als bei Tageslicht. Die Schlüsselstelle der Route forderte mich ab Alp Brunni sehr heraus, da das Gelände überall ausgesetzt und steil war. Voll konzentriert und mit starkem Licht, meisterte ich die nicht ganz einfache Passage. Der Vollmond leuchtete mittlerweile noch einmal stärker, sodass ich bei den letzten Höhenmetern die Lampe fast nicht mehr brauchte. Nicht schlecht staunte ich, als kurz vor dem Gipfelgrat plötzlich überall Schlafsäcke mit Übernächtlern lagen. Meine Vermutung traf auch genau ein, dass oben genauso viele Menschen schliefen beim Eintreffen auf dem Gipfel vom Morgenberghorn. Ein schönes Gefühl: endlich ganz oben zu stehen, nach all den vielen km die ich hinter mich gebracht hatte! Die Umgebung total frisch, sodass ich sehr frierte, denn die Uhr zeigte erst etwas nach 04:00 Uhr.
Nicht lange danach wurde es bald immer wie heller. Unglaublich!, mittlerweile kamen noch andere Wanderer zum Gipfel empor, um das Sonnenaufgangerlebnis zu sehen. Nach all den Anstrengungen genoss ich noch vor dem Aufgang der Sonne ein feines Sandwich. Wie herrlich fühlte es sich an, als langsam die Sonne schwach am Horizont auftauchte. Ganz klar: am schönsten ist einfach der Morgen auf dem Morgenberghorn!
Nach einiger Zeit gemütlichen Seins oben, mit dem perfekten Sonnenaufgang, begab ich mich zum Abstieg wieder Richtung Aeschiried Schulhaus. Die Sonne schien bereits sehr stark vom Himmel, als ich aus dem schattigen Gelände an die Sonne kam. Frisch und fröhlich stand ich schon bald wieder unten an der Posthaltestelle.

Erst jetzt merke ich doch langsam, wie sehr mich das ganze Abenteuer ermüdete….. Doch für diese traumhaften Momente der sternklaren Nacht, lohnte es sich mal nicht zu schlafen!! Eine Nacht, die total aufregend und spannend war, durchzuwandern. Wie sehr freue ich mich bereits auf die nächste kommende Schweizerische Wandernacht mit neuen Routen, die mich herausfordern werden!